Familien
Die Familie hat sich in unserem Kulturkreis im Laufe der letzten Jahrhunderte stark verändert. Seit dem Beginn der Neuzeit bzw. des ausgehenden Mittelalters kennen wir eine Großfamilie, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass nicht nur mehrere Generationen unter einem Dach leben, sondern auch noch einzelstehende Verwandte, Pflegekinder, Gesinde mit zur Familie gezählt werden. Der Großteil der Familien lebt in ländlichen Gebieten und die überwiegende Anzahl ist nicht frei. Insofern sind sie auch "an die Scholle" gebunden. In Pommern nennt man sie Leibeigene, im Westerwald Hörige. Die vielen Kinder pro Ehepaar sind primär aus wirtschaftlichen Gründen gewollt. Sie helfen mit, das Einkommen der Familie und den späteren Alterssitz der Eltern sicherzustellen.
Mit dem Wachsen der Städte und mit zunehmender Industrialisierung ändert sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Familienstruktur. Wenn man zu früherer Zeit von einer Großfamilie sprechen kann, geht jetzt der Trend mehr und mehr zu einer Familie, die aus zwei Generationen und aus weniger Kindern besteht. In landwirtschaftlichen Regionen entwickelt sich der Trend weniger schnell, als in den Städten und stadtnahen Gebieten. Auch die räumliche Gebundenheit lässt nach. Es gibt keine Leibeigenschaft mehr und die Leute siedeln sich dort an, wo sie sich ein besseres Leben und gut bezahlte Arbeit versprechen.
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts verändert sich die Familienstruktur noch einmal grundlegend. Die partnerschaftlichen Verbindungen ohne Heirat und gleichgeschlechtliche Partnerschaften nehmen zu. Ehen werden öfter geschieden. Die Verbindungen sind nicht mehr auf ein ganzes Leben ausgerichtet. Der Partner wird nach den Gesichtspunkten der Liebe ausgesucht, nicht mehr überwiegend aus Gründen der Versorgung. Parallel geht die Geburtenrate der Kinder stark zurück. Lag sie noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei 4,2 so liegt sie im Jahr 2007 bei nur noch 1,4.